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Geschäftsaufbau in Indien – Wege zum Erfolg
Indien ist die am schnellsten wachsende Volkswirtschaft der Welt. Mit einem prognostizierten Wirtschaftswachstum von 7-8 Prozent pro Jahr für die nächsten zehn Jahre, bietet der indische Markt auch für deutsche Unternehmen zahlreiche Chancen für eine erfolgreiche geschäftliche Tätigkeit. Dem gegenüber stehen die wirtschaftlichen Risiken, welche typischer Weise mit jedem Geschäftsaufbau in einem unbekannten ausländischen Markt verbunden sind. Im Folgenden möchten wir Ihnen daher einige Hinweise gegeben und Wege aufzeigen, die aus Sicht des Praktikers für einen erfolgreichen Markteintritt in Indien dienlich sind.
Rahmenbedingungen für ausländische Investitionen
Ausländische Direktinvestitionen sind aufgrund der indischen Industrie- und Liberalisierungspolitik mittlerweile fast uneingeschränkt in allen Wirtschaftssektoren, einschließlich des Dienstleistungssektors zu 100 % möglich. In einigen wenigen Wirtschaftsbranchen bestehen noch Beteiligungsobergrenzen für ausländische Investitionen oder Genehmigungsvorbehalte, so etwa in den Bereichen ziviler Luftverkehr, Rüstungsgüter, Medien und Rundfunk, Petrochemie, privates Bank- und Finanzwesen, Energie- und Atomwirtschaft, Bergbau und Einzelhandel. Bei ausländischen Investitionen in diesen Branchen ist eine vorherige Regierungsgenehmigung erforderlich, welche auf Empfehlung des Foreign Investment Promotion Board (FIPB) erteilt wird. In allen übrigen Wirtschaftssektoren besteht keine Genehmigungspflicht im engeren Sinn, sondern die ausländische Investition wird basierend auf dem Foreign Exchange Management Act (FEMA) aus dem Jahre 1999 in einem automatischen Verfahren durch die Reserve Bank of India genehmigt. Dieses automatische Genehmigungsverfahren vereinfacht den Markteinstieg für ausländische Investoren erheblich.
In der Landwirtschaft, im Lotterie- Glücks- und Wettspiel und zum Teil auch Wohnungsbau sind derzeit noch keine Investitionen durch ausländische Unternehmen möglich.
Wahl des Markteintrittes
Welche Form des Markteintrittes in Indien gewählt wird, bestimmt sich aus der Zweck- und Zielrichtung der Investition. Ist der Aufbau einer reinen Vertriebsstruktur zum Absatz eigener Produkte beabsichtigt, wird die Form des Markteintrittes in der Regel eine andere als beim Aufbau einer Produktions- oder Forschungsstätte sein. Das indische Recht ermöglicht derzeit folgende Formen einer ausländischen Direktinvestition:
- - Gründung eines Liason Office (Verbindungsbüro)
- - Gründung eines Branch Office (Zweigniederlassung)
- - Gründung einer Joint Venture Gesellschaft mit einem indischen Partner in Form einer Ltd. Company (entspr. deutscher AG) oder Pvt.Ltd. (entspr. deutscher GmbH)
- - Beteiligungserwerb an indischen Unternehmen
- - Lizenzvereinbarungen im Rahmen eines Technologie & Know-How-Transfers
- - Internationale Depositenscheine (GDR’s, ADR’s) und Fremwährungs-Wandelschuldverschreibungen
- - Ausgabe von Vorzugsaktien
Vor der Wahl einer Markteintrittsstrategie empfiehlt sich stets die vorherige Prüfung, ob und wenn ja welche gesetzlichen Beschränkungen für die Investition bestehen.
Das indische Tochterunternehmen
Die mit Abstand häufigste Form des Markteinstieges ist die Gründung einer eigenen Tochtergesellschaft in Form einer Pvt.Ltd.-Company. Die Gründung kann als 100% Tochtergesellschaft oder mit einem indischer Partner (Joint Venture) erfolgen. Die notwendigen Gesellschaftsverträge sind Memorandum & Articels. Im Falle einer Joint Venture Gesellschaft ist zusätzlich ein Joint Venture -Vertrag zwischen den Partnern ratsam. Da in diesen Fällen der deutsche Partner häufig Technologie auf die gemeinsame Gesellschaft übertragen wird, ist ein Vertrag für den Technologie- und Know-How-Transfer inklusive einer Lizenzvereinbarung erforderlich. Der Unternehmensname muss vorher vom Registar of Companies genehmigt werden. Die Gesellschaftsanteile müssen von mindestens zwei Gesellschaftern gehalten werden, die auch zum Geschäftsführer bestellt werden können. Nach Erfüllung aller gesetzlichen Gründungsvorgaben wird ein Incorporation Certificate vom Registar of Companies erteilt. Erst danach können Konten bei indischen Banken errichtet und der Geschäftsbetrieb aufgenommen werden.
Vertriebsaufbau in Indien
Es gibt kein Patentrezept für die Erschließung des indischen Marktes. Die bisherige Erfahrung zeigt aber, dass der Vertrieb ausschließlich über indische Importeure, Handelsvertreter – oder Agenten ungeeignet ist. Obwohl dieser Weg kostengünstig und relativ risikolos ist, bringt er entscheidende Nachteile mit sich: So fehlt bei dieser Vertriebsform jegliche Kundennähe, eigene Erfahrungen im indischen Markt können nicht gesammelt werden, hohe Kommissionen und Provisionen verteuern das Produkt und lokalen Händlern sowie Importeuren fehlt häufig noch das Verständnis für internationale Qualitätsstandards, richtiges Marketing und den notwendigen After-Sale Service. Sinnvoller ist daher der Aufbau einer eigenen Vertriebsstruktur, der sich in der Regel in drei Phasen vollzieht. In der Testphase steht im Mittelpunkt den Markt mit eigenen Mitarbeitern kennen zu lernen, Informationen zu beschaffen, die eigene Wettbewerbsfähigkeit zu prüfen, die Vertriebsregion festzulegen und geeignete lokale Distributoren mit eigenem Vertriebsnetz zu finden. Ferner werden in dieser Phase bereits Angebote abgegeben, Kontakte zu Kunden geknüpft und erste Geschäfte getätigt. Die folgende ein – bis zweijährige Aufbauphase beginnt mit einer Kosten- und Umsatzplanung und der Schaffung einer eigenen Verkaufs- Lager- und Vertriebsstruktur. Gewöhnlich führt dieses zur Gründung einer Zweigniederlassung oder Tochtergesellschaft. Weitere Schwerpunkte sind dann die Schulung der indischen Händler und das Marketing. Am Ende der Aufbauphase sollte bereits die Gewinnschwelle erreicht werden. In der anschließenden Stabilisierungsphase wird erfahrungsgemäß die Organisationsstruktur weiter ausgebaut. Ziel ist die Umsatzstabilisierung und Ertragsoptimierung. In dieser Phase werden in der Regel die Vertriebsaktivitäten über die ursprüngliche Region hinaus ausgeweitet.
Schutz von Know – How
Im Gegensatz zu China stellt sich in Indien das Problem von Produktpiraterie sowie der unberechtigten Nutzung von fremden technischem und geistigen Know- How eher selten. Da aber vor allem bei Joint Venture Gesellschaften der ausländische Partner in der Regel seine Technologie und sonstiges Know -How auf die gemeinsame Gesellschaft überträgt, sind vertragliche Vereinbarungen zum Schutz des Know- Hows, den Umfang der Nutzung und der diesbezüglichen Vergütung ratsam. Nach indischem Recht können Lizenzvergütungen umsatzbezogen als Royalty-Zahlungen und als Pauschalzahlungen vereinbart und Erlöse aus der Lizenzierung frei ins Ausland transferiert werden. Das Indische Recht ermöglicht es, Verstöße gegen Intelectuall Property Rights wirksam und effektiv zu unterbinden.
Rechtsschutz in Indien
Das Indische Justizsystem ähnelt sehr dem englischen System. Die Qualität der Rechts- sprechung ist gut. Allerdings ist die regelmäßige Verfahrensdauer immer noch unverhältnismäßig lang, insbesondere beim Durchlaufen eines kompletten Instanzenzuges. Bei rechtlichen Konflikten ist es daher oft sinnvoller, ein Schiedsverfahren oder ein anderes Verfahren einer alternativen Streitbeilegung durchzuführen. Allerdings stellt sich in diesem Fällen mitunter das Problem der wirksamen Durch- und Umsetzung eines Schiedsspruches oder einer Mediationsvereinbarung. Die Kosten einer Rechtsverfolgung in Indien nähern sich mittlerweile immer mehr den Vergleichsweisen Kosten in Deutschland.
Steuerliche Aspekte einer Investition
Das Steuer- und Geschäftsjahr geht vom 1.April bis zum 31.März. Zwischen Indien und Deutschland existiert ein Doppelbesteuerungsabkommen (Double Taxation Avoidance Agreemnet) welches steuerliche Einzelheiten umfassend regelt. Für die wesentlichen Formen geschäftlicher Betätigung in Indien gilt Folgendes:
- - reiner Export nach Indien unterliegt keiner indischen Besteuerung
- - Lizenzeinnahmen im Rahmen eines Technologietransfers sind in Indien zu versteuern
- - Dividenden sind in Indien zu versteuern
- - ein Liason-Office unterliegt keiner indischen Steuerpflicht
- - ein Branchoffice unterliegt einer beschränkten indischen Steuerpflicht
- - Tochtergesellschaften nach indischem Recht unterliegen unbeschränkter indischer Steuerpflicht
Interkulturelles Management
Die kulturellen und gesellschaftlichen Unterschiede zwischen Indien und Deutschland sind groß. Im Gegensatz zu China besteht in Indien der entscheidende Vorteil, dass in der indischen Geschäftswelt gutes Englisch gesprochen wird und viele indische Unternehmer Erfahrungen mit europäischen Unternehmern haben. Vor jedem Markteintritt sollte man sich bewusst machen, dass das Kommunikationsverhalten der Inder und die Art und Weise der Verhandlungs- und Geschäftsführung anders ist als in Deutschland. Um langfristig in Indien wirtschaftlich erfolgreich zu sein, insbesondere wenn indische Mitarbeiter oder Partner in die eigene Investition involviert sind, ist eine Beschäftigung mit den kulturellen Besonderheiten Indiens unerlässlich. Ohne eigenes interkulturelles Know-How ist der Umgang mit indischen Partner, Kunden und Behörden eher schwierig und die Investition nicht selten erfolglos.